Ein Bericht von Felix Engelhardt
“Back to the roots” hieß es für mich am Sonntag, den 3.7. Als gebürtiger Karl-Marx-Städter war die Verlockung des Marathons in meiner Heimat trotz aller Vorbehalte, die ich über die Jahre dieser eigenwilligen Stadt gegenüber entwickelt habe, einfach zu groß. Naja, streng genommen wollte ich vor dem diesjährigen Berlin Marathon eigentlich gar keinen weiteren Marathon laufen. Die Teilnahme resultierte vor allem aus meiner Absicht, meine Mutter durch meine physische Präsenz bei ihrem ersten offiziellen Halbmarathon zu unterstützen (wozu Stehen und Jubeln am Rand eigentlich auch gereicht hätten, aber lassen wir das :D).
Vor diesem Hintergrund verlief meine Vorbereitung auch eher halbherzig.…ich bin zwar schon 2–3 Monate vorher immer mal 2–2,5 Stunden pro Woche gelaufen und habe auch meine Intervalltrainings nicht vernachlässigt. Aber wie sich später zeigen sollte, hätten ein paar Kilometer mehr in den Beinen garantiert nicht schaden können!
Am Wettkampftag fühlte ich mich so gesehen topfit: lecker und gut am Vorabend gegessen, gut geschlafen, keine Beschwerden oder Wehwehchen. Die Sonne lachte bei angenehmen 18/19 °C und es wehte ein leichtes Lüftchen. Optimale Bedingungen also.
Der Lauf war in vier Runden à 10,4 km aufgeteilt, was Vor- und Nachteile hat: es lässt sich so zwar ziemlich gut die Pace und die noch zu laufende Strecke abschätzen, aber Runden können eben gerade gegen Ende hin auch sehr monoton und ermüdend sein.
Die Strecke selbst bot einen guten Mix aus Straßen und weicherem Parkboden, weshalb zumindest in dieser Hinsicht schon etwas Abwechslung garantiert war. Es war auch für jede*n was dabei: 5 km, 10 km, Halbmarathon und Marathon.
Vor Ort war einiges los, allerdings angenehmerweise bei weitem nicht so viel, wie bei anderen Stadtmarathonläufen.
Während ich mich gemütlich warmlief, konnte ich auch schon ein paar Mitstreiter*innen in Laufen-gegen-Leiden-Shirts erspähen, was meine ohnehin schon gute Laune nochmal einen extra Schub nach oben gab.
Als ich mich kurz vor dem Start gegen 9:30 Uhr in der Startzone einfand, gab es ein lustiges Wiedersehen: jemand tippte mir auf die Schulter und es war.…natürlich unser lieber Robert Boyde-Wolke, der alte Marathon-Hase 😀 !
Er erzählte mir, er sei noch nie zuvor in Karl-Marx-Stadt gewesen und habe sich anlässlich des Laufs extra optisch an den ehemaligen Namensgeber der Stadt angenähert.
Für den Lauf selbst hatte er sich aber nichts Besonderes vorgenommen, einfach entspannt durchkommen und eine schöne Zeit haben. Ich demgegenüber, hatte mir — warum auch immer — trotz meiner dürftigen Vorbereitung das Ziel von 3h30min in den Kopf gesetzt.…
Und so fiel der Startschuss pünktlich um 9:30 Uhr. Wir legten in eine entspannten 5:20/5:30 Pace los, Robert immer dicht in meinem Windschatten. Für ihn schien das Tempo genau richtig zu sein, was den schönen Nebeneffekt hatte, dass wir uns als Vegan-Runners-Doppelpack vor den Augen des gut gelaunten Publikums durch die Reihen der anderen Läufer*innen schlängelten.
Ich weiß gar nicht, wie lange Robert mir an den Fersen klebte, aber als ich mich so nach einer Stunde umdrehte, war er verschwunden. Später sah ich ihn mir aber nochmal entgegenkommen und da wusste ich, dass wir von nun an unseren eigenen Lauf laufen würden.
So zog ich im weiteren Verlauf auf 4:55/5:00 an, da ich mich sehr gut fühlte und ja immer noch die Marke von 3:30 vor Augen hatte.
Das Ganze ging auch bis so ca. km 34/35 gut, dann kam der berühmt berüchtigte und allen Marathonis (zumindest aus Erzählungen) bekannte Mann mit dem Hammer!!! Nun gab es die Quittung für meine schlampige Vorbereitung und das dafür zu ambitionierte Ziel: die Beine wurden schwerer, der Laufstil dadurch unsauberer, die Hüfte fing an sich zu melden und zu allem Überfluss verabschiedeten sich die noch vereinzelt antreibenden Zuschauer*innen nach Hause, sodass ich auf den letzten Kilometern mutterseelenallein mit mir und meiner schwindenden Motivation zu kämpfen hatte. Aufgeben? Never! Kurze Gehpause? Schon eher, aber dann war’s das mit den 3:30! Kurz dehnen? Weiterer Zeitverlust, aber ohne geht echt nicht!
Ich raffte nochmal alle meine Kräfte zusammen, atmete ein paar Mal tief durch und nahm wieder Fahrt auf. Noch 5 km.…das ist doch nichts! Noch 4.…fast geschafft! Noch 3.…jetzt nochmal alles geben! Noch 2…Schmerz ist eine Illusion 😀 !
Noch 1…Schlusssprint (zumindest in meiner Wahrnehmung 😀 )!
Und geschafft! Aber hey, immerhin 3:35:15, 10 min. besser als zum letzten Berlin Marathon und Platz 20 von 86. Robert finishte schließlich auf Platz 47 mit einer Zeit von 4:03:29, was insofern Respekt verdient, als er sich zwischendurch auch noch 10 min. mit zufällig am Streckenrand stehenden Verwandten unterhalten konnte 😀 !
Im Ziel angekommen wurde ich dann jubelnd von meiner ganzen Familie empfangen, die mich auch gleich mit Kohlenhydraten und Elektrolyten vollstopfte.
Erstaunlicherweise brauchte ich nur 2 Tage, um nahezu nichts mehr von den nervenaufreibenden Qualen des Laufes in meinem Körper zu spüren.
EIn weiteres Indiz dafür, was eine vollwertige, rein pflanzliche Ernährung für die Regeneration des Körpers bewirken kann!
Robert habe ich nach dem Lauf leider nicht nochmal gesehen, aber wir haben kurz danach geschrieben und übereinstimmend festgestellt, dass es trotz alledem ein ziemlich schöner Lauf war,
der sogar Olympioniken für die 10 km Distanz nach Chemnitz zieht!
Veranstalter: marathon-chemnitz.de
2 Comments
Sehr schöner Bericht und super Leistung!
Und die Bilder, da bekommt man gleich gute Laune!
LG Birgit
Sehr schöner Bericht und super Leistung!
Und die Bilder, da bekommt man gleich gute Laune!
LG Birgit
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