30. Lichtenrader Meile, 02.06.13

Fast ein Triathlon

Was gibt es Schöneres, als an einem ver­reg­neten, kalten Son­ntag um 7:00 Uhr aufzuste­hen, um an ein­er mor­gendlichen Laufver­anstal­tung teilzunehmen?  Men­schen mit viel Phan­tasie wird da sicher­lich so Einiges ein­fall­en. Aber ich hat­te mich verabre­det — und brauchte außer­dem noch Punk­te für den Berlin­er Läufer­cup, zu dem ich mich (in einem Anfall geistiger Umnach­tung und kolos­saler Selb­stüber­schätzung) in diesem Jahr erst­mals angemeldet hat­te. Von sechs möglichen hat­te ich erst an zwei Läufen teilgenom­men, und bildete das glanzvolle Schlus­slicht in mein­er Wer­tungsklasse W35. Also entschloss ich mich nach kurzem Zaud­ern, nicht zu kneifen, und fand den müh­samen Weg aus dem Bett.

Eigentlich hat­te ich mich sehr auf diesen Lauf gefreut. Obwohl an diesem 2. Juni noch viele andere reizvolle Laufver­anstal­tun­gen ange­boten wur­den (der Schlösser­lauf in Pots­dam zum Beispiel, oder der Lauf in den Inter­na­tionalen Gärten der Welt in Marzahn), hat­te ich mich bewusst für die Licht­en­rad­er Meile entsch­ieden. Zum einen natür­lich, weil es ein Wer­tungslauf für den Berlin­er Läufer­cup war. Und zum anderen, weil die Lauf­strecke qua­si vor mein­er Haustür lag und direkt an mein­er Arbeitsstätte vor­beiführte. Obgle­ich ich nun schon viele Jahre in der Motzen­er Straße in Berlin-Marien­felde und damit in einem der größten Indus­triege­bi­ete Berlins arbeite, habe ich es bish­er noch nie zum Laufen in das angren­zende, weitläu­fige und sehr grüne Parkgelände dahin­ter geschafft. Nur davon gehört: dass es sehr schön sein soll näm­lich, und auch einen für Berlin­er Ver­hält­nisse recht hohen, ehe­ma­li­gen Müll­berg geben soll.

Am Ver­anstal­tung­sort angekom­men wusste ich nicht, wer mir mehr leid tat — meine Begleitung, die nun knapp 90 Minuten im Regen ste­hen und meinen Ruck­sack hal­ten musste, oder ich, die einen 15 Kilo­me­ter-Lauf gegen Wind und Wet­ter absolvieren würde. Der Start­bere­ich war rel­a­tiv klein, und alles war über­lagert vom Bratwurst­geruch, der sich vom Grill­stand aus mit dem Wind in alle Rich­tun­gen ver­bre­it­ete. Ganz sich­er war ich an diesem Tag die Einzige, die das störte — nur knapp 500 Läufer_innen hat­ten sich in den Marien­felder Schichauweg verir­rt. Und nur eine davon trug ein Veg­an Run­ners-Shirt. Ich fühlte mich ganz schön allein.

Ich war froh, als es endlich los­ging — endlich Bewe­gung, um Kälte und Bratwurst­geruch zu ent­ge­hen, und es hin­ter mich zu brin­gen! Es ging direkt in das Grün­gelände hinein, vor­bei an Indus­triebaut­en auf der einen und grün­er Natur auf der anderen Seite des Weges. Der besagte Müll­berg ließ nicht lange auf sich warten — gut, dass ich ange­fan­gen hat­te, gezieltes Stei­gungstrain­ing zu machen, was in der flachen Ebene Berlins auf­grund spär­lich gestreuter Train­ing­sob­jek­te nicht ganz ein­fach ist. Der Berg hat­te in diesem Fall vier Stei­gun­gen, und ich hat­te mir vorgenom­men, es beim ersten Mal vor­sichtig anzuge­hen, da ich wusste, dass es auf der zweit­en Runde bes­timmt um ein vielfach­es anstren­gen­der sein würde.

Irgend­wann zwis­chen­durch begann es immer stärk­er zu reg­nen. Ein­er­seits war das ganz gut — bei solchen Wet­ter­ver­hält­nis­sen lassen sich Läufe auch ohne Getränk gut aushal­ten. Und wenn man erst mal unter­wegs ist, wird der Regen ja eigentlich auch erst dann richtig unan­genehm, wenn man unvor­sichtiger­weise durch eine Pfütze getappt ist. Was mir glück­licher­weise nur ein­mal passierte.

Die Lauf­strecke an sich war wun­der­schön, es ging größ­ten­teils mit­ten durch Feld und Wald, und auch direkt an der NABU Naturschutzs­ta­tion Marien­felde vor­bei. Einen kurzen Augen­blick befürchtete ich, Magen­prob­leme zu bekom­men — bis ich real­isierte, dass die komis­chen Geräusche nicht aus meinem Bauch, son­dern von den quak­enden Fröschen kamen 🙂

 So verg­ing die erste Runde eigentlich recht schnell, es gab ja viel zu sehen (für Leute, die Waldläufe mehr mögen, als über­füllte Straßen­läufe mit jed­er Menge klatschen­den Men­schen am Rand). Der Berg war beim zweit­en Mal natür­lich eine Her­aus­forderung — aber ich kämpfte und ließ mich nicht ent­muti­gen. Das gute an Bergen ist ja: Wenn man erst mal oben ist, geht es nur noch hin­unter. Der Regen wurde immer stärk­er. Die Streck­en­posten, die sich unter Regen­schirme und Regen­jack­en kauerten, witzel­ten, dass dies eigentlich kein rein­er Lauf, son­dern fast schon ein Triathlon sei — bei dem vie­len Wass­er. Ich wollte endlich ins Ziel kom­men, nach Hause fahren und eine schöne heiße Dusche nehmen!

Der­maßen motiviert lief ich weit­er, das Ziel und meine möglichen Punk­te für den Berlin Cup vor Augen. Nach etwas mehr als 1:25 h tru­gen mich dann Silbermond’s “Krieger des Lichts” qua­si durch das Ziel. Sor­ry — ich mag es eben kitschig und das Lied passte super zu dem Tag 🙂 Ich war erschöpft, aber glück­lich und mehr als zufrieden mit mein­er Leis­tung — und darüber, dass ich nicht geknif­f­en hatte.

So schnell habe ich mich dann glaube ich noch bei kein­er Laufver­san­taltung nach dem Zielein­lauf aus dem Staub gemacht, es war ein­fach zu ungemütlich. “Jet­zt erst mal ne schöne Bratwurst!” — oh nein, da war es schon wieder…

Punk­te für den Berlin­er Läufer­cup habe ich übri­gens tat­säch­lich bekom­men, zum ersten Mal bin ich sog­ar nicht Let­zte in mein­er Wer­tungsklasse gewor­den. In der Gesamtwer­tung liege ich aber trotz­dem immer noch ganz hin­ten *schäm*. Egal, es kom­men ja noch ein paar Läufe. Wichtig ist außer­dem, dass es Spaß macht, und das hat es. Trotz Regen und Kälte. Und Bratwurst.

Die Strecke

Vor dem Start

Vor dem Start — endlich geht’s los!

Zieleinlauf

Zielein­lauf

1 Comment

  • Kira Posted 18. Juni 2013 15:51

    Hey grat­uliere! Klingt nach einem harten aber super durchge­hal­te­nen Lauf!

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