Getting Tough the Race V, 04.12.16

Ein Bericht von Steve Klockow:

Mit den Schneewölfen durch die geliebte Kälte!
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Ich bin gestern mit meinen Jungs, den Sturmwölfen bei ‑4 bis 1 Grad den Get­ting Tough in Rudol­stadt (Thürin­gen) gelaufen. 24 Km voller Eis, Schnee, Schlamm und Wass­er. (Die Eishölle von Rudolstadt)

Der Anfang war sehr kühl. Es waren am Mor­gen ‑4 Grad und der Frost bedeck­te alle Wiesen und Pflanzen. Die Gespräche der Läufer han­del­ten nur davon, wie sie sich vor der Kälte schützen kon­nten und was sie dafür alles anzogen.

Manche tru­gen Neo­pren Anzüge, manche Plas­tik­tüten (unter der Kleidung).
Ein paar Ver­rück­te woll­ten die Strecke halb nackt bestreiten.

In der Regel bere­it­en sich alle gut auf diese Kälte und die Umstände vor, wir nicht!

Meine Wölfe und ich (4 Leute aus der Gruppe) starten den Lauf mit kurzen Hosen und Oberkör­p­er frei.

Meine Aus­rüs­tung bestand aus Shorts, Five Fin­gers und ein­er Mütze.
Hand­schuhe hat­te ich nicht dabei, aber ich wollte sowieso mal testen, ob man auch ohne laufen kann. Heute weiß ich, das sollte man bess­er nicht tun.

Der Lauf begann. Wir stürmten mit unser­er Fahne bewaffnet über das Feld der Ehre. Die erste Sta­tion war ein Hin­der­nis, bei dem man unter Stachel­draht durchkriechen musste. Direkt danach ging es sofort ins Wass­er. Bis zur Hüfte steck­ten wir im schlam­mi­gen Wass­er. Nass aber fit.

Bei so einem Lauf lebt man durch die Hil­fe aller. Es ist annäh­ernd unmöglich, so einen Lauf allein zu bewälti­gen, da man nicht alle Hin­dernisse allein schaf­fen kann. Wenn man einen hohen, schlam­mi­gen Berg hin­auf muss, an dem man immer wieder runter rutscht, ist es notwendig, dass man sich gegen­seit­ig hilft.

Da dies­mal 3000 Leute am Start waren, gab es Massen von Men­schen in den ersten Wassergräben.

Durch­nässt ging es weit­er. Wir liefen nun ein Stück durch die Straßen und dann in den Wald. Meine Hände waren eiskalt und ich wusste, dass es eine scheiß Idee war, ohne Hand­schuhe zu laufen. Im Wald gab es viele Höhen­meter zu beste­hen, aber das ging, da die Sonne nun schien, jet­zt wurde es auch langsam warm. Es waren zwar immer noch Minus­grade, aber wir froren in der Sonne nicht.

Nun kam die erste Wartestelle. Wir standen und standen und wussten nicht, was auf uns wartet. Es war ein Hin­der­nis, bei dem man drei Holzwände über­winden musste. Rel­a­tiv ein­fach, aber es dauerte bis man drüber war.

Wir standen also in großer Menge und warteten. Die Leute um uns herum zit­terten schon vor Kälte und trat­en uns mit viel Respekt gegenüber, weil wir so leicht bek­lei­det waren.

Viele Kilo­me­ter ging es mit diesem Spiel. Bis Kilo­me­ter 20 war alles harm­los. Nun wurde es aber langsam feucht.

Da wir diesen Lauf bere­its vor zwei Jahren bestrit­ten haben, wusste wir, dass die Hölle erst auf den let­zten Kilo­me­tern aus­brechen würde.

Und so kamen wir zum großen Wasser­graben. Man geht rein und läuft im Wass­er bis zur Brust ca. 100 Meter in eine Rich­tung, dann um die Ecke, dort sieht man, dass es den gle­ichen Weg zurück geht. Wir han­del­ten wie Wölfe und gin­gen aufrecht und ohne Klage.

Mein Kör­p­er ist ganz gut gegen kaltes Wass­er abge­härtet, aber die Hände waren kaum noch zu gebrauchen. Bewe­gun­gen der Fin­ger waren nur noch eingeschränkt möglich. Ich kon­nte an den Hin­dernissen noch die Stan­gen und Wände greifen, aber Feinar­beit war aussichtslos.

Ich rutschte, nach dem Wasser­graben immer wieder, mit der Hacke aus meinem Schuh und schaffte es kaum, die Hacke, mit der Hand, wieder reinzubekommen.

Wir kamen an ein Hin­der­nis, durch das man krabbeln musste. Ich kam an, sah, dass man ins Wass­er musste und dann unter ein­er Stange (kniehoch) durch tauchen sollte.

Ich nahm also meine Mütze ab, tauchte mit dem Kopf unter der Stange durch und hob die Mütze drüber ent­lang, dass sie nicht nass wurde. Das ganze Spiel machte ich zwei Mal, dann war ich kalt und nass, aber die Mütze wärmte mich wieder.

Nach so ein­er Aktion muss man sich erst­mal wieder aufwär­men, und ich betete inner­lich, dass nicht sofort das näch­ste Wasser­hin­der­nis kommt.
Aber selb­stver­ständlich kam es schon. Ein Tun­nel, in dem man mit Fontä­nen nass gespritzt wird.

Ich krabbelte so, dass mich die Fontä­nen kaum trafen, aber meine Hände wur­den immer käl­ter (ständig nass) und schmerzhafter.

Ich ver­suchte sie unter meinen Armen zu wär­men, denn die Schmerzen wur­den immer schlim­mer denn Kälte und Anstren­gung forderten ihren Tribut.

Aus den Kehlen der anderen hallte ein lautes: “Sturmwölfe! — Ahuuuuu!”.
So motivierten wir uns, wenn wir schwach wurden.

Wieder betete ich, dass ich mich wieder aufwär­men kon­nte, aber wir zit­terten gemein­sam am ganzen Körper.

Das Klap­pern der Zähne kon­nte ich mit einem tiefen Atem ganz gut überlis­ten, aber es war ziem­lich schw­er, nicht die Fas­sung zu verlieren.

Nun liefen wir wieder schneller, damit uns endlich wieder wärmer wurde.
Die Nässe entzieht dem Kör­p­er so viel Wärme, dass man dem kaum ent­ge­gen treten kann. Zum Glück kamen ein paar Tee Sta­tio­nen. Der Tee war heiß und es fühlte sich ziem­lich schmerzhaft im Mund an. Wenn ich den Tee trank, merk­te ich erst, wie kalt es wirk­lich war.

Alles OK, es ging weit­er. Das Haupt­spek­takel war das Schwimm­beck­en und das stand uns noch bevor.

Man springt rein, läuft ein Stück und muss dann unter zehn Baum­stäm­men durch tauchen. Ich stellte mich dieser Auf­gabe, wohl mit dem Wis­sen, dass ich jet­zt fürchter­liche Schmerzen erlei­den würde.

Es kam schlim­mer als ich es mir vorstellen kon­nte. Ich set­zte meine Mütze ab und tauchte unter dem ersten Stamm durch. Der Kopf bran­nte sofort und ich hat­te schreck­liche Kälte-Schmerzen. Ich wusste, ich muss weit­er gehen, denn über den Kör­p­er ver­liere ich auch Wärme im Wasser.
Also machte ich weit­er. Jed­er Tauch­gang war die Hölle und ich schrie im Wass­er vor Schmerzen, wo mich nie­mand hören kon­nte. Wenn ich auf­tauchte, rubbelte ich wie wahnsin­nig meinen Kopf um ein biss­chen die Durch­blu­tung anzure­gen und den Kopf wieder warm zu kriegen.

Zum Anfang ging es, aber das Wass­er tat so weh, dass ich begann, Sterne zu sehen. Ich wusste, dass ich das nicht lange durch­hal­ten kon­nte, also tauchte ich nicht mehr nach oben und nahm von nun an immer zwei Baum­stämme. Die Schmerzen waren unerträglich, wenn ich auf­tauchte und ich begann vor Schmerzen langsam zu verzweifeln. Ich wartete kurz und rubbelte wieder meinen Kopf. Der Tauch­er, der neben mir stand (um die ganzen unterkühlten Wasser­le­ichen raus zu fis­chen) sagte mir, dass es nur noch zwei Stämme sind, dann ich habe ich es geschafft. Ich kon­nte nicht mehr richtig sehen weil ich die Augen nicht mehr aufkriegte.

Ich nahm die Hürde und tauchte das let­zte Mal durch, bei­de Stämme auf ein­mal. Ich schrie vor Schmerzen, doch es kon­nte kaum ein­er hören, weil alle Läufer im Wass­er schrieen, kreis­cht­en und wein­ten. Es war ein großer Moment, als ich sah, wie alle anderen lei­de­ten und trotz­dem nicht auf­gaben. So viel Mut ver­di­ent Respekt und Anerkennung.

Völ­lig erschöpft, kam ich aus dem Wass­er und ver­suchte mich durch ein paar Bewe­gun­gen (in der Sonne) wieder etwas aufzuwär­men. Schnell merk­te ich, dass die Luft erst­mal raus war. Ich musste mich kurz aus­ruhen, denn die Kälte hat­te unglaublich viel Energie gezehrt. Ich sah, dass meine Start­num­mer sich an ein­er Nadel der Hose gelöst hat­te. Ich ver­suchte, die Nadel zu schließen, scheit­erte aber. Ich sprach einen Helfer an, der mir dann auch half.

Keine 10 Meter ent­fer­nt, musste man sich an ein­er Stange über das Wass­er hangeln. Rei­hen­weise vie­len die Läufer von der Stange runter ins Wasser.
Ich wusste, dass ich nicht mehr so viel Kraft hat­te und sprang gle­ich ins Wass­er. Mit dem Kör­p­er kann ich Kälte recht gut ertra­gen. Das war kein Prob­lem. Ich fand das Wass­er nicht mal so kalt. Ich ließ sog­ar zwei mein­er Sturmwölfe vor, bis ich dann selb­st aus dem Wass­er kletterte.

Jet­zt wurde es aber richtig kalt, also wieder schnell laufen um aufzuwär­men. Die Hände und der Kopf tat­en mir weh. Ich betete für einen lan­gen Laufweg und wenig Wass­er. Zu meinem Glück zog sich die Strecke über eine län­gere Dis­tanz hin. Sand­sack tra­gen, über Gerüste klet­tern, durch Tun­nel kriechen, alles kein Prob­lem, denn es kam erst­mal kein Wasser.

Wir wussten aber alle, das Ziel ist noch nicht erre­icht. Auch wenn wir den Sprech­er aus den Box­en des Ziels schon hören kon­nten, waren wir noch lange nicht am Ende.

Wieder kamen hohe Türme und Wass­er, Wass­er, Wass­er. Langsam war ich so aus­ge­laugt, dass ich es kaum noch allein schaffte, mich über die Hin­dernisse zu bewe­gen. Ich bekam nun bei jedem mal Klet­tern Krämpfe in der recht­en Wade. Ich ver­suchte dann immer den Fuß her­anzuziehen, aber hat­te keine Chance. Das Bein verkrampfte so stark, dass ich unter Schmerzen immer runter sprin­gen musste um das Bein zu dehnen.
Kam­er­ad­schaftlich halfen mir aber alle. Kein­er ließ mich hän­gen. Meine Jungs waren immer da, aber auch fremde Läufer halfen mir so gut es ging.

Der schlimm­ste Augen­blick war in einem Hin­der­nis, bei dem man auf einem Turm klet­tern musste, bei dem von allen Seit­en Wass­er-Fontä­nen kamen.
Ich merk­te, dass ich völ­lig fer­tig war und begann die Ori­en­tierung zu ver­lieren. Angst und Panik macht­en sich in mir bemerk­bar weil ich darüber nach­dachte, was passiert, wenn ich irgend­wo hän­gen bleibe und nicht raus komme.

Es ging aber alles gut und wir macht­en weiter.

Die Eishölle begin­nt erst im Sta­dion auf den let­zten 500 bis 1000 Metern. Dort brechen viele zusam­men, wir aber nicht!

Ich kam mit den Jungs und unseren zwei Damen in die let­zten Wasser­con­tain­er. Dort wollte ich durch und ver­lor einen Schuh im Wasser.
Das Wass­er war so trüb, dass ich nichts ent­deck­en kon­nte, also ging ich ohne weit­er. Als ich das zweite Bein über den Con­tain­er-Rand hob, ver­lor ich auch den zweit­en Schuh. Und das bei immer noch ‑1 Grad.

Also lief ich ohne Schuhe weit­er. Es waren vielle­icht noch 500 bis 600 Meter zu schaf­fen und ich biss die Zähne zusam­men. Da ich aber nun auch schon recht weich auf den Knien war und ständig Wadenkrämpfe bekam, war es ziem­lich schwierig die großen Gerüste, bar­fuß, hoch und runter zu klet­tern. Ein Klet­terg­erüst hat­te etwa eine Höhe von ver­mut­lich 8 bis 10 Metern. Man kon­nte herunter klet­tern oder an ein­er Stange rutschen. Ich wagte es und rutschte runter, weil ich keine Kraft mehr zum Klet­tern hatte.

Unten angekom­men, kamen wieder Trak­tor Reifen, über die man klet­tern musste, keine Ahnung wie viele, 5 Stück hin­tere­inan­der, 10 Stück.…
keine Ahnung, es waren viele.

Ein­er der Helfer an der Seite sagte, es sind nur noch zwei Hindernisse.
Ich glaubte ihm nicht, weil ich so verzweifelt und fer­tig war, dass wenn ich es geglaubt hätte, und dann mehr gekom­men wären, ich aus­gerastet wäre. Ich war nervlich und kör­per­lich lange über meine Gren­zen hin­aus­ge­gan­gen. Also machte ich ein­fach weit­er. Und tat­säch­lich. Es ging über eine große Beton­wand und ich kon­nte schon das Ziel sehen. Hoff­nung machte sich neben Schmerzen und ständi­gen Krämpfen in mir bemerkbar.

Ich klet­terte die zweite Wand herunter und ging zum let­zten Hindernis.
Ein Tun­nel (ich glaube, Fuchs­bau Tun­nel genan­nt oder so ähn­lich, auf jeden Fall sehr eng und klein). Ich begann durch zu kriechen. Der Unter­grund war mit großen und harten Kiesel­steinen aufge­füllt. Jede Bewe­gung tat mir weh und ich stöh­nte vor Schmerzen. Aber ich wusste auch, dass es gle­ich geschafft war. Allerd­ings, war ich so langsam, dass mich jemand von hin­ten tat­säch­lich an den Füßen pack­te und mich immer wieder vor schob.

Auf diesem Wege, möchte ich dir danken. Ich war geistig nicht mehr in der Lage mich umzu­drehen und dir in die Augen zu schauen um mich dafür zu bedanken. Du hast mir bes­timmt 3 bis 4 Minuten erspart.

Aus dem Tun­nel, ging es direkt zum Ziel. Die Ver­anstal­ter schaut­en nicht schlecht, als sie uns (halb­nackt und ich ohne Schuhe) dort anka­men sahen. Wir beka­men unsere Medaille und ich ging sofort ins Klei­dungszelt, zog meine Jacke an und legte mich erst­mal direkt neben die Heizung um schnell wieder aufzuwär­men. Meine Hände und Füße waren so taub von der Kälte, dass ich mich nicht mehr bewe­gen konnte.

Die Part­ner­in meines Fre­un­des Mar­co, zog mir darauf hin die Sock­en und Schuhe an, weil ich dazu nicht mehr in der Lage war. Jemand anders machte mir eine Banane auf und eine Flasche mit Fan­ta wurde mir aufge­dreht. Leicht benebelt wurde ich von allen versorgt 😀

Wir fuhren dann ins Hotel. Ich sprang sofort unter die Dusche. Mit vie­len Schmerzen erlebte ich, wie mein Kör­p­er sich langsam wieder zur Nor­mal­tem­per­atur aufwärmte. Es dauerte bes­timmt zwei Stun­den, bis ich wieder vol­lkom­men warm war.

Mein Faz­it von diesem Lauf ist: Der härteste Hin­der­nis-Lauf, den ich mir bish­er vorstellen kon­nte. Ich habe auch schon härtere Läufe gemacht, weil ich manch­mal ein biss­chen ver­rückt bin, aber noch nie einen der­ar­tig harten Hindernislauf.

Meinen Dank und Respekt an alle Organ­isatoren, ihr seid wahre Sadisten.
So viel Leid, wie ihr uns zuge­führt habt, kann nur ein­er kranken Seele entsprin­gen. Ihr habt meinen vollen Respekt dafür.

Das Mot­to war: “Schmerz geht, Stolz bleibt”. Die Def­i­n­i­tion für dieses State­ment habe ich nun selb­st am eige­nen Leib zu spüren bekom­men und kann dem nur beipflicht­en. Ich habe vieles bei diesem Lauf gel­ernt und bin unheim­lich dankbar für die Erfahrung und alle Schmerzen.

Get­ting Tough

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