Ein Bericht von Steve Klockow:
Am 12. März bin ich, mit meinen Jungs, zum Braveheart Battle gestartet.
30 Masterchief-Kilometer, die mal etwas kürzer oder länger als ein normaler Kilometer sind. Geschätzt wurde die Strecke auf ca. 32 Km mit ungefähr 50 Hindernissen.
Wir kamen in Bischofsheim an und entspannten uns erstmal bei einem guten Essen in einem kleinen, sehr rustikalen Bauern-Restaurant. Es war sehr herzlich eingerichtet. Dann holten wir unsere Startnummern ab. Dort sah ich die anderen Frauen und Männer aus unserem Team “Sturmwölfe”.
Ich habe Anfang diesen Jahres beschlossen, dass ich all meine Läufe barfuß absolviere. Daher hatte ich mein Training für diesen Lauf barfuß gestaltet und mich natürlich eine Woche vor dem Lauf verletzt 😀
Ich hatte eine Blase an jedem Fuß, die dann sehr unschön aufging und sich entzündete. Die Schmerzen (eine Woche vor dem Lauf) waren so schlimm, dass ich den Fuß nicht auftreten konnte.
Ich bin in solchen Situationen immer sehr optimistisch und dachte, dass kriege ich schon hin, ärgerte mich aber über diese Verletzung und beschloss schweren Herzens, den Lauf doch mit Schuhen (Five Fingers) zu laufen. Ich machte mir immer einen Spaß daraus und sagte, “vielleicht hab ich ja Glück und verliere einen Schuh im Schlamm und kann dann ohne weiter laufen”.
Bis zum Lauftag musste ich den linken Fuß verbunden mit Salbe behandeln, weil die Entzündung noch da war.
Ich klebte mir also ein wasserdichtes Pflaster auf die Wunde, für das der Apotheker schwor, dass es mindestens drei Stunden halten sollte. Nach gefühlten 10 Minuten, riss ich die restlichen Fetzen ab 😀
Zum Glück merkte ich, dass wir alle ein bisschen angeschlagen waren. Martin war erkältet, Colin sah nicht so gut aus, Peer fühlte sich nicht fit und ich hatte meine Fuß Probleme. Nur Andre und unsere Damen (Janny und Nicole) glänzten.
Der Lauf startete, also wurden die Probleme nebensächlich. Jetzt zählte, worum es allen ging.
Es war ziemlich kalt, 2 bis 3 Grad Celsius. Ich hatte mich darauf vorbereitet, den Lauf in kurzer Hose, mit freiem Oberkörper zu bestreiten. Wenn ich schon nicht zu den schnellsten gehöre, will ich wenigstens einer der Verrücktesten sein. Auch wenn der Bauch kein Sixpack zeigte, präsentierte ich ihn voller Stolz.
Als Team hatten wir natürlich die Fahne bei und ich durfte sie zum Anfang tragen.
Wir rannten los. Die anderen Läufer aus meinem Team waren sehr motiviert und rannten recht schnell an. Ich merkte aber, dass es mir zu schnell war und versuchte im allgemeinen- aber auch persönlichem Interesse das Tempo der Gruppe etwas zu reduzieren.
Es kamen die ersten Steigungen im Gelände. Meine Füße taten schon jetzt so weh, dass ich versuchte auf dem Außenriss oder dem Hacken zu laufen. Es war schwer, aber es ging. Die ersten Hindernisse kamen, unbedeutend und leicht zu meistern. Langsam kamen wir aber in Richtung Berge.
Ich hatte mich vorher immer gewundert, warum alle anderen so beeindruckt von den Bergen sprachen. Meine Antwort war immer: “du kannst die Berge doch hochlaufen, so schlimm wird’s schon nicht werden …”. Als ich die Berge sah, wusste ich, warum alle darüber sprachen 😀
Ich schätze die Strecke vom Berg bis ins Tal auf 100 bis 150 Meter (gefühlt), die Steigung war ziemlich ordentlich und ist von mir auf ca. 30 Grad geschätzt. Die Berge waren so steil und rutschig, dass man sie nicht herunterlaufen, sondern auf dem Waldboden, der noch teilweise mit Schnee bedeckt war, rutschen musste.
Es kam dabei auch schonmal vor, dass man keinen Halt mehr fand und bis zu 30 Meter bei ca. 20 Km/h runter rutschte. Es war also recht spannend und wir sahen einige Verletzte, die Äste oder ähnliches beim Rutschen abkriegten.
Unten angekommen, merkte ich, dass wir wieder hochklettern mussten. Also ging ich mit meinen Five Fingers zum Klettern und zog mich mit Hilfe der anderen hoch. Meine Schuhe hatten gar kein Profil und so wurde die Steigung auch zu einer unschönen Rutschpartie.
Ich kletterte und kletterte und rutschte immer wieder ab, bis zu 5 Meter runter (bis mich andere Läufer auffingen und hielten). Der Zusammenhalt und die Bereitschaft anderen zu helfen war bei diesem Lauf unvergleichlich und einfach toll anzusehen.
Oben angekommen, warteten wir in der Gruppe, bis alle da waren. Nun hieß es wieder runter rutschen, unten angekommen wieder hochklettern. Als ich nach vorn schaute, sah ich, dass wir noch einige Mal hoch und runter klettern mussten. Ich weiß nicht mehr, wie oft, aber es waren insgesamt fünf oder sechs Mal, die wir klettern und rutschen mussten.
Nun hatten wir das (meiner Meinung nach härteste) Hindernis geschafft. Es ging weiter. Wir liefen nun einen schneebedeckten Berg hoch, der nicht mehr so steil war und kamen zu einer Verpflegungsstation. Nutella Brote, trockenes Brot und Wasser wurden gereicht. Da ich kein Nutella esse, nahm ich trockenes Brot und weil es so trocken war, biss ich immer ein Stück ab und spülte es mit Wasser runter. Das Brot war so hart, dass ich die Stücken richtig abreißen musste, weil es kaum zu beißen ging.
Auf dem Berg kam die Kälte, der Wind pfiff uns von allen Seiten um die Ohren.
Auch war ich schockiert, als ich sah, dass wir erst wenige Kilometer geschafft hatten. Ich glaube auf dem Berg waren es 7 Km und wir hatten nach einigen Stunden, die wir schon liefen noch einiges vor uns. Also wieder Tempo machen. Diesmal ging es einfacher, da wir nun bergab liefen und ich so meine Körper Temperatur aufwärmen konnte.
Nun ging es durch Gräben und wir kletterten durch Autos. Nun kamen auch ein paar Wasserstrahlen und wir wurden endlich mal ein bisschen nass.
Ich hatte mich schon vorher geärgert, dass nicht so viele Hindernisse kommen, bei denen man nass wird und dachte, dass es so viel zu einfach wird, aber ich wusste offensichtlich nicht, wovon ich spreche.
Jetzt kamen wir in die Stadt und mussten durch Wasser-Container laufen, kriechen und durch Flüsse gehen. Alles anstrengend, aber noch machbar.
Nach Kilometer 16 kamen wir an die lang ersehnten Schlammlöcher. Nun wurde es schmutzig. Wir sprangen vom Rand in die Schlammgruben (ca. 2 Meter tief) und sanken bis zur Hüfte in den Matsch / Wasser. Die ersten Gruben waren in Ordnung aber der Ausstieg war sehr mühsam, da alles ziemlich glatt und rutschig war. Es gab einfach keine Möglichkeit sich irgendwo fest zu halten und sich so allein raus zu ziehen, also blieb nur die Gemeinschaft. Von vorn zogen sie mich an den Armen, von hinten drückten sie mich an den Beinen und am Hinten hoch. Ich freute mich, dass alle so zusammen hielten und schrie dann immer ein glückliches “Danke” aus. Nun war auch Nancy (die Freundin von Peer) da und filmte uns mit dem Handy.
Die letzte Schlammgrube war anders als alle anderen zuvor. Der Schlamm war so zäh und fest, dass wir die Füße nicht mehr raus bekamen. Überall hörte man: “ich kriege die Beine nicht mehr raus”. Ein Mann, der neben mir stand, hatte das selbe Problem. Er zog sein Bein hoch und ich mit den Armen an seinem Knie um ihm zu helfen. Es war eine ziemliche Tortur. Ich überlegte, wie man das Problem lösen konnte und lies mich mit steifem Körper nach vorne fallen. So legte ich mich längst auf den Schlamm, der so fest war, dass ich nicht einsickerte und gleichzeitig zogen sich meine Beine raus. Auf dem Bauch robbte ich so bis zum Ende durch. Aber auch hier war der Ausstieg aus der Grube allein nicht möglich.
Wieder halfen mir zwei bis drei Leute und holten mich aus der Grube. Als ich ausstieg zog ich meine Five Fingers nochmal richtig an und ging weiter.
Ein paar Meter weiter wie von Zauberhand schaute ich auf meine Füße und sah, dass mein Chip (Zeit-Chip) und mein linker Schuh weg waren. Ich hatte ihn gerade noch gerichtet und nun war er weg. Ziemlich seltsam, aber ich fand ihn auch nicht wieder und beschloss ohne weiter zu laufen, die Hälfte hatte ich ja schließlich schon geschafft.
Mit einem Lächeln im Herzen lief ich weiter, weil ich immer daran denken musste, dass ich vorher noch gesagt hatte, dass wenn ich Glück habe, ich die Schuhe vielleicht im Schlamm verliere und ohne weiter laufen muss.
Das dumme war nur, dass mein linker Fuß diese offene Wunder unter dem Ballen hatte und ich nun bei jedem Schritt direkt drauf trat, ohne Pflaster.
Naja, zum Glück war es so kalt, dass der Fuß innerhalb von wenigen Minuten so eingefroren war, dass ich keine Schmerzen mehr spürte und einfach weiter lief. Ich überlegte natürlich den rechten Schuh auch wegzuwerfen, aber da wir noch durch einige Flüsse mussten und ich Verletzungs-Angst vor nicht sichtbaren, spitzen Steinen hatte, behielt ich ihn an.
Zwei Kilometer später warf ich ihn dann aber auch weg. Nun hatte ich es geschafft. Ich konnte endlich barfuß laufen, aber die Strecke wurde nicht leichter. Zusammen kämpften wir uns durch jeden Fluss und jedes Hindernis.
Wir trotzten der Kälte, den Hindernissen und der Strecke, bis wir schließlich einen Berg hochliefen und uns ein anderer Läufer entgegen kam und sagte, dass das Rennen eben abgebrochen wurde, weil es schon 18 Uhr ist und sie uns nicht mehr weiter machen lassen können.
Ich verstand die Situation erst nicht und war schweinesauer. Jetzt hatten wir uns 26 Km gequält und nun das. Stark erschöpft und mit eingebrochener Motivation begannen sofort die Schmerzen und ich humpelte den Berg wieder runter in Richtung (Abkürzung) Ziel. Unterwegs bekamen wir Decken und ein Linienbus hielt an und nahm uns mit. Im Bus saß ich das erste Mal nach sieben Stunden Qual. Ich schaute kurz auf die Unterseite meines Fußes, der sich langsam wieder aufwärmte und schaute sofort wieder weg, weil es nicht besonders gut aussah.
Die Motivation war weg und Erschöpfung und Schmerzen kamen ziemlich schnell und stark.
Der Veranstalter hatte ich sich ein bisschen mit den Hindernissen und der neuen Strecke verschätzt und so blieben von ca. 3000 Läufer über die Hälfte auf der Strecke und kamen nicht richtig durchs Ziel.
Da alles so schwierig gelaufen war, durften wir am Ziel aber doch durchlaufen und bekamen unsere Medaille.
Inzwischen war das ganze Adrenalin aus meinem Körper verschwunden und ich war leicht unterkühlt. Immer noch barfuß und in einer Decke (mit freiem Oberkörper) eingehüllt, gingen wir zitternd zu unseren Sachen.
Wir sahen alle ziemlich gut aus und waren von oben bis unten mit getrockneten Schlamm bedeckt. Da aber gerade ca. 1500 Läufer zeitgleich im Ziel ankamen, waren die Duschen überfüllt und wir verzichteten darauf zu warten.
Wir zogen uns jetzt um.
Ich war so fertig, dass ich nicht mehr in der Lage war, meine Handschuhe allein auszuziehen oder meinen Jacken-Reißverschluss zuzumachen. Ich zog mir nur meinen Pullover, Jacke und Schuhe an. Die völlig verdreckte Laufhose ließ ich an, weil ich von oben bis unten voller Schlamm war. So stiegen wir in die Autos ein und fuhren nach Hause.
Im Auto humpelnd angekommen, schlief ich sofort ein und war erstmal für drei Stunden scheintod. Als ich dann etwas aß, war ich sogar wieder in der Lage etwas zu sprechen, aber immer noch stark angeschlagen. Zum Glück fuhren wir recht schnell und alles klappte einfach fantastisch.
Als Fazit muss ich gestehen, dass ich diesen Lauf anfangs völlig unterschätzt habe. Es war mit großem Abstand der härteste Hindernislauf, den ich je gemacht habe. Die Hindernisse waren ziemlich langwierig und schwer zu meistern.
Meinen hohen Respekt an alle, die den Lauf richtig gefinished oder wie wir wenigstens bis zum Ende des Laufes gekommen sind. Und großen Respekt an unsere Damen Nicole und Janny, die das Tempo der Gruppe stark erhöht haben. Wir Männer waren alle fertig und haben hinterher gehangen und die Mädels haben uns laufend stehen lassen. Ehre, wem Ehre gebührt und ihr habt sie euch einfach verdient.
Keiner von uns “harten Hunden” hat das Rennen richtig gefinished, aber wir haben gekämpft wie Wölfe. Im nächsten Jahr laufen wir wieder und zeigen was wir drauf haben.
Als persönliches Fazit habe ich bemerkt, dass ich mir selbst gern Dinge antue, die nicht immer gut für meine Gesundheit aber verdammt gut für meine Gedanken sind. Meine Füße sind beide noch ziemlich verletzt, verbunden und müssen noch heilen, aber ich bin verdammt stolz, dass alles gekommen ist, wie es kam.
Ich freue mich schon auf die nächsten Läufe mit meinen Wölfen.
Ahhuuuuuuu
Link zum Veranstalter: www.braveheartbattle.de
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