Rennsteiglauf Supermarathon, 21.05.16

Rennsteiglauf, Supermarathon
(Ein Laufbericht von Pit Reger.)

Rennsteiglauf16_01

AUA.
Das ist so plus minus das Resumé.
Nachdem ich terminlich meine Teilnahme am Trail-Uewersauer im November 2015 habe absagen müssen, habe ich mich im Herbst letzten Jahres spontan für die Teilnahme am Rennsteig Supermarathon im Mai 2016 entschieden. Rückblickend war die Entscheidung naiv und großartig zusammen.
Am Anfang war es ja noch so ein abstraktes Projekt. 72,8km laufen.
Das waren fast 20km mehr als ich je am Stück gelaufen bin. Im November war die Option viel zu trainieren ja noch da. Dann kam Weihnachten, dann Januar, Februar, März… Irgendwann waren es dann nur noch ein paar Wochen bis zum Lauf. Trainiert habe ich wie immer, lässig, mittel viel, aber nie weit. Meine längste Trainingsdistanz waren 26km.

Rennsteiglauf16_03

Also lies ich es drauf ankommen. Ich stand der ganzen Sache relativ emotionslos gegenüber. Entweder wirds was, oder nicht.
Freitag nachts fuhr mich mein Kumpel nach Eisenach. Um 6 Uhr morgens war Start. Außer einem kleinen Nickerchen vorher und einer „Ruhephase“ im Auto konnte ich keinen richtigen Schlaf verbuchen. Ich war aufgeregt, müde und wunderte mich warum neben mir noch über 2000 Leute die gleiche bescheuerte Idee hatten.
Startschuss. Ich ging das Rennen äußerst gemütlich an. Immerhin war es 6 Uhr morgens! Leicht schläfrig, trabte ich die die Straße hoch in den Wald. Mit der früh morgendlichen Sonne kam auch der Enthusiasmus. In 5 Kilometer Abschnitten ging es voran. Es machte erstaunlich Spaß. Während uns am Anfang noch ein Helikopter von oben verfolgte, kehrte nach einer Weile Ruhe ein.

Die über 2000 Leute fingen an sich auf dem Rennsteig zu verteilen. Jeder fand so langsam sein Tempo. Die Atmosphäre war locker.
Jedoch dauerte es fast bis zu Kilometer 40 bis man das erste Mal „alleine“ war. Die Teilnehmerzahl war so hoch, dass man sich quasi dauernd in einer Gruppe von 8-10 Leute wieder fand. Das führte zwar zu einer tollen Stimmung, das Tempo wurde dadurch aber konsequent hochgehalten. Man hatte keine Zeit sich ablenken zu lassen oder langsamer zu werden. Meine 10km Durchgangszeiten lagen bei durchschnittlich 55Minuten.
Es ging mir gut. Und das wunderte mich. Bis auf 2 Klopausen lief ich bis zur 54km Marke durch.
Dort konnte erwartete mich Felix, mein Kumpel. An der Stelle konnte man nämlich aussteigen und trotzdem eine Zeit bekommen.
Doch aufhören war keine Option. Nach einem kleinem Snack ging es weiter. Noch 18Kilometer lagen vor mir.

Bis Kilometer 65 ging es weiterhin „wie geschmiert“. Inzwischen meldeten meine Beine zwar schon deutlich, dass ich bereits über 5 Stunden auf den Beinen war, jedoch lag alles noch im grünen Bereich. Erst die letzen 5-6 Kilometer wurde es richtig schmerzhaft. Nachdem ich zum Teil vergeblich auf Kilometersteine gewartet hatte, fing die Moral an mir ein Schnippchen zu spielen. Ich wollte nur noch ankommen. Als ich dann endlich die Häuser von Schmiedefeld, dem Zielort erblickte, fiel mir ein Stein vom Herzen. Noch ein paar Meter ging es durchs Dorf, um dann hellauf erleichtert durchs Ziel zu stolpern.
Mit einer Endzeit von 7:24 brutto war ich dann auch mehr als zufrieden, obwohl ich kurzzeitig mit einer Zeit unter 7 Stunden geliebäugelt habe.
Damit denke ich dann aber auch vorerst mein Distanz Maximum erreicht zu haben.

Danke an alle die mir geholfen habe, an alle Mitleidensgenossen, ehrenamtlichen Helfer, und und und.
Rennsteig ist ein Hammer Rennen das nicht um sonst so gefeiert wird!

Hier meine Ergebnisse:
rennsteiglauf.de/wettkampf/ergebnisse
20. Platz AK, 230. Platz insgesamt, Gesamtzeit: 07:24:01
Rennsteiglauf16_04

Bis zum nächsten Mal:
Pit Reger

Rennsteiglauf16_02

100 Meilen von Berlin, 15.08.15

logo_100meilenEin Bericht von Steve Klockow:

Ich bin dieses Jahr bei den „100 Meilen“ von Berlin gestartet. 100 Meilen sind 160,9 Km und bedeuten, dass man viele viele Emotionen zum Vorschein bringt.
Alles begann ruhig. Meine Freundin Sarah und ich standen entspannt um 4 Uhr auf, packten alles zusammen und gingen los. Nachdem wir fast die Katze überfuhren, konnte es zum Stadion gehen.
Es sollte ein heißer Tag werden, also legte ich mir meine Taktik mit viel Wasser, Obst und Salz zurecht. Noch ein paar witzige Fotos von uns als glücklichen Paar (mit kleinen Hündchen) und ab zum Start.
Wenn ich solche Läufe mache, bin ich mir anfangs meist gar nicht bewusst, was ich im Begriff bin, auf mich zu nehmen und es wird mir dann immer erst klar, wenn ich stark leide.
Alles startete gut. Ich hielt Ausschau nach bekannten Läufern, die ich nur selten sehe und traf einen Bekannten, den ich sehr gern mag. Wir unterhielten uns ein Stück und wünschten uns dann einen guten Weg. Ich wurde oft von Läufern angesprochen, weil ich keine richtigen Laufschuhe hatte, sondern Five Fingers (mit einer 3mm Sohle, so genannte Barfußschuhe) trug. Die Leute fragten mich, ob ich die ganze Strecke damit laufen wollte und ob das nicht zu hart wäre, ich machte dann immer einen Spaß und sagte, wenn es mir zu hart wäre, würde ich sie einfach ausziehen und barfuß weiter laufen.
Die Hitze war sehr drückend. Umso weiter die Sonne zum Vorschein kam, umso heißer, schwüler und drückender wurde es. Ich brauchte viel mehr an Wasser, Obst und Salz, als ich es erwartet hatte.
Ständig ließ ich das Wasser aus meinem Trinkrucksack, an den Verpflegungspunkten nachfüllen. Leider war die Hitze so stark, dass ich so viel trinken musste, dass das Wasser ständig alle war.
Die Verpflegungspunkte kamen alle 4 bis 6 Km, aber wenn man 3 Km gelaufen war und kein Wasser mehr hatte, bedeutete das, dass man 1 bis 3 Km ohne Wasser auskommen musste und das war Wahnsinn bei der Hitze. Da ich so stark schwitzte, verlor mein Körper auch sehr viel Salz, was sich dadurch äußert, dass die Hände, Arme und Füße anschwellen und man total schwerfällig wird. Ständig hatte ich geschwollene Finger, die ich dann nur noch schwer bewegen konnte. Ich nehme dann immer Natron-Salz oder Salztabletten, dann schwellen sie auch wieder ab, aber es ist jedes Mal eine Tortur. Darum war es auch immer so hart, kein Wasser mehr zu haben, denn wenn ich nicht trinken kann, kann ich auch kein Salz nehmen. Angeschwollene Gliedmaßen und Durst, bei 36 Grad im Schatten.
Den Schatten konnten wir recht selten genießen, oder es kam mir nur so vor, aber ich hatte das Gefühl, dass die Strecken in der prallen Sonne nicht enden wollten.
Meine Freundin Sarah hatte sich mit mir in Frohnau verabredet um mich zu verpflegen. Sie schickte mir eine Nachricht, dass Sie noch einen Überraschungsgast mitbrächte, der ein Stück mit mir laufen wollte.
Es war eine große Freude für mich, weil ich ein paar freundliche Gesichter zur Motivation brauchen konnte. Jörg (unser Nachbar) kam und lief ein Stück mit. Wir unterhielten uns, bis wir zu Sarah kamen. Es war toll. Ich setzte mich, legte die Beine hoch (auf Sarahs Knie) und aß. Es war ein köstlicher Obstsalat, mit Nüssen und viel Liebe gemacht.
30 Km waren geschafft und ich fühlte mich durch die Hitze schon ganz schön schlaff, aber der Obstsalat wirkte Wunder. Ich hatte nun wieder ganz neue Energie und lief fortan wie ein junger Gott. Für ein paar Minuten hatte ich das Gefühl, dass ich schweben konnte. Es war einfach ein phantastisches Gefühl, bis ich merkte, dass der Trinkrucksack wieder leer war. Nun waren es noch ca. 3 Km ohne Wasser und Salz. Ich musste mich also mit dem Tempo zurücknehmen.
Ich musste aufpassen, dass ich nicht so viel Zeit mit dem Gehen verschwendete, denn ich wusste, dass 160 Km ein ganz schöner Schuh sind.
Leider bin ich auch nicht immer der vorbildlichste Sportler und ich hoffe, es wird sich niemals jemand ein Beispiel an mir nehmen, aber ich bin die letzten drei Monate nicht einmal mehr als 20 Km gelaufen. Ich habe immer eine Ausrede gefunden, warum ich nicht laufen konnte und wusste, dass die „100 Meilen“ immer näher kamen. Also machte ich wenigstens eine Unmenge an Kniebeugen und Wadentraining, was auch echt viel brachte. Nur hatte ich mir eine Woche vorher die Wade ein bisschen verletzt, weshalb ich nun den Laufstil etwas verändern musste. Ich wollte eigentlich hauptsächlich auf dem Vorderfuß laufen, musste dann aber auf den Mittelfuß umsteigen, um die Wade nicht zu stark zu belasten.
40 Km waren geschafft. Die Sonne brannte. Ich war inzwischen einige Male ohne Wasser gelaufen und ließ den Rucksack bei jedem Verpflegungspunkt auffüllen. 1,5 Liter in 4 bis 5 Km, die Temperaturen machten sich bemerkbar.
Es ist beeindruckend, wie sich der Körper erholen kann, wenn er nur richtig gefüttert wird. Vor den Verpflegungspunkten war ich meist stark erschöpft, danach war ich wieder weitestgehend erholt. Einen Marathon hatte ich, jetzt nur noch drei weitere.
Ich hatte mit Sarah ausgemacht, dass wir nicht so oft SMS schreiben und sie mich erst später oder in der Nacht wieder besuchen sollte, denn ihr Weg war recht weit und sie hatte sich ganz schön ins Zeug gelegt. Ich dachte die ganze Zeit an sie und wie schön ich es fand, dass sie sich so für mich einsetzte.
In einem Moment, ließ ich meinen Rucksack wieder nachfüllen, als ich eine Karte von ihr fand. Sie hatte mir geschrieben, dass sie wahnsinnig stolz auf mich wäre und sie mir bei allem helfen würde, wenn ich etwas brauchte. Mein Herz lächelte wieder und ich musste ihr erstmal schreiben, wie süß ich diese Geste fand und was sie mir bedeutet. Jetzt war ich wieder gut drauf.
Neu gestärkt, machte ich weiter. Die Hitze erreichte ihren Höhepunkt und ich hatte das Gefühl, dass die Läufer mit der Zeit umfallen würden, wie die Fliegen, möglicherweise alle, aber ich nicht. Die Hitze konnte mich nicht besiegen, ich kämpfte weiter!
Nun ging es langsam auf Km 50 zu und ich hatte mir schon viele Salztabletten von den Verpflegungspunkten mitgenommen und immer einen Batzen eingeworfen. Ich kam mir schon vor, wie ein tablettensüchtiger Junkie.
Jetzt merkte ich, dass die Hitze langsam nachließ, glücklich sah ich, wie die Wolken sich zu zogen und der Regen sich vorbereitete. Endlich wurde es mal ein bisschen feucht. Ich machte gedanklich einen euphorischen Regentanz und war verdammt froh, diese schreckliche Hitze los zu sein. Ich hatte gegen die Hitze gewonnen, jetzt waren nur noch 110 Km zu schaffen.
Bei Km 55 war ich wieder wasserlos und ging ein Stück. Eine Läuferin kam aus dem nichts (ich erschrak kurz) und fragte mich, ob alles in Ordnung wäre. Ich sagte „ja, aber mir fehlt ein bisschen Wasser“. Sie hatte keine Flasche bei sich, wo ich etwas abstauben konnte, deswegen war es von mir auch keine Bitte oder ähnliches. Als sie hörte, dass ich Wasser brauchte, sagte sie im lauten Ton: „gib ihm mal etwas Wasser!“. Ich war einen Moment verwirrt, bis ich merkte, dass sie einen Fahrradbegleiter hatte, der sich ebenfalls an mich herangeschlichen hatte. Nachdem ich zwei Mal kurz erschreckt wurde, bekam ich Wasser zum trinken und wurde abgesprüht. Ich bedankte mich herzlich bei beiden und lief weiter zum nächsten Verpflegungspunkt.
Mittlerweile war ich so erschöpft und hatte so starke Kreislaufprobleme, dass ich Sarah anschrieb und sie bat, früher zu kommen. Wir verabredeten uns für 1 Stunde später, damit sie genug Zeit hatte zu kommen. Ich lag auf dem Rücken und hatte die Beine hochgelegt, um das Blut mal etwas aus den geschwollenen Füßen zu bekommen.
Ich hatte, trotz der Hitze, 58 Km in 9 Stunden geschafft und freute mich sehr, dass ich noch 21 Stunden für rund 100 Km hatte. Jetzt war ich viel entspannter, weil ich wusste, ich kann auch gehen, wenn es gar nicht mehr läuft und gehen geht immer. Ich war mir sicher, so würde ich es schaffen.
Ich war froh, Sarah angeschrieben zu haben, denn es ging mir nun schon lange sehr schlecht, aber ich machte mich wieder auf den Weg. Die Helfer vom Verpflegungspunkt sagten mir, dass es ca. 4 Km bis zum nächsten wäre.
Weiter ging es. Ich musste ein Stück durch einen kleinen Weg laufen, um dann eine große Straße zu überqueren. Der Weg wurde durch so (ich würde das Ding Poller nennen, man kann es einklappen und auf den Boden legen, damit Autos bei Bedarf durchfahren können) abgetrennt. Das Ding lag auf dem Boden und ich hatte nur Augen für die große Straße. Als ich auf sie zu lief, stieß ich mir meine Zehen an dem Ding. Durch meine derzeitige Verfassung und meinen durchaus beeinträchtigten Gefühlszustand, kamen weitestgehend bösartige Laute und gemeine Drohungen von mir hervor. Ich schimpfte über alles und jeden, bis ich merkte, dass ich der Trottel war, der das Ding einfach übersehen hatte.
Ein Läuferpaar kam auf mich zu und war etwas schockiert von meinen Lautäußerungen. Ich entschuldigte mich und erklärte kurz die Lage. Wir gingen über die Straße und ich sah, dass es der Frau auch nicht besonders gut ging. Ich sagte: „so richtig frisch, sieht dein Gang aber auch nicht mehr aus“. Sie lächelte und sagte, dass sie nun auch auf den Weg zum Bus ist, weil sie aufgeben muss. Ich entschuldigte mich und sie wünschte mir viel Glück für den weiteren Weg.
Nun begann alles ganz anders.
Ich lief ein Stück und verlief mich, nicht viel, aber jeder unnötige Schritt und einfach schrecklich zu ertragen, wenn du noch 100 Km vor dir hast und schon etwas fertig bist.
Wieder zurück auf dem richtigen Weg, merkte ich auf einmal, dass meine Füße immer stärker schmerzten. Nun stand alles auf der Kippe. Ich konnte mit beiden Füßen nicht mehr auftreten.
Also kurz Pause. Es ging mir echt dreckig, aber ich motivierte mich. Ich stand auf und ging weiter, nichts. Die Schmerzen waren so stark, dass ich mich nicht mehr bewegen konnte. Jetzt bekam ich Angst.
Ich konnte und wollte nicht aufgeben.
Ich bin dazu einfach nicht geschaffen und wusste, dass ich es mir selbst nicht verzeihen konnte. Ich schimpfte mit mir selbst und machte weiter. Die Schmerzen wurden noch stärker und ich hatte das Gefühl, dass mein Mittelfuß durch die starke Überlastung brechen würde, wenn ich weiter ging.
Starke Emotionen kamen zum Vorschein und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich versuchte mich erstmal zu setzen und zu beruhigen. Nichts half. Ich spielte mit dem Gedanken, Sarah anzurufen und ihr zu sagen, dass ich aufgeben würde, aber da schossen mir die Tränen in die Augen.
Ich hatte die fürchterliche Hitze besiegt. So viele Läufer waren daran gescheitert, ich nicht. Und gerade als es ein bisschen kühler wurde, streikten meine Füße. Ich wollte nicht aufgeben und rief mich selbst zur Ordnung. Ich setzte mich wieder um nachzudenken.
Es fiel mir nichts ein und die Zeit, die ich mir nun aufgebaut hatte, lief gegen mich.
Ich stand nun wieder auf und ging weiter, unter starken Schmerzen. Ich wusste, ich kann das keine 100 Km machen. Ich bin gern ein bisschen verrückt, aber das war einfach utopisch.
Wieder merkte ich, dass ich mich geschlagen geben musste und mir kamen die Tränen. Ich rief Sarah an und erzählte ihr, dass sie mich bitte abholen sollte, ich wollte noch zum nächsten Verpflegungspunkt, um mitzuteilen, dass ich raus bin.
Ich hatte für 4 Km knapp zwei Stunden gebraucht und es war eine der schwersten Situationen für mich, die ich mir vorstellen konnte. Ich bin kein Typ, der aufgibt. Ich mache alles dafür zu gewinnen und ich meine wirklich alles. Ich würde niemals aufgeben, wenn ich nicht müsste.
Diese Entscheidung hat mir sehr wehgetan und das schlimmste daran war, dass ich gemerkt habe, dass ich mit meinen verrückten Ideen nicht immer durch komme.
Ich wollte die „100 Meilen“ unbedingt mit Five Fingers durchlaufen und nächstes Jahr barfuß, da ich aber nicht ausreichend trainiert habe, haben meine Füße dann gestreikt und ich bin mir sicher, dass ich es in richtigen Laufschuhen geschafft hätte, aber ich wollte unbedingt meinen Kopf durchsetzen, diesmal mit schweren Folgen.
Ich habe es nun schon ein paar Leuten erzählt, dass ich aufgeben musste, aber alle konnten mir gut zureden. Ich glaube, dass dieser Tag ein sehr wichtiger Tag in meinem Leben war. Ich habe so viele Sachen gelernt.
Ich habe gesehen, wie sich meine Freundin für mich aufgeopfert hat, sie hat mich überall hingefahren und abgeholt. Sie hat mich massiert, sie hat einen Freund mitgebracht, der mit mir lief, sie hat mir drei verschiedene Salate, Brühe, Brote und sämtliche Snacks zubereitet und ganz nebenbei bekomme ich gleich meine Pizza, die ich nach Läufen immer esse „grin“-Emoticon
Sie hat mir gezeigt, was sie für mich empfindet und ich bin ihr wahnsinnig dankbar dafür. Sie ist ein toller Mensch und ich liebe sie und bin froh, dass ich sie habe.
Außerdem habe ich an diesem schönen und schrecklichen Tag gelernt, die bisher schwerste Entscheidung meines Lebens zu treffen. Ich habe noch nie aufgegeben und es war so schrecklich für mich diese verdammte (vernünftige) Entscheidung zu treffen.
Ich habe mich dazu entschieden, daraus eine Lehre zu ziehen: Ich werde nicht mehr mit Schuhen laufen (so verrückt bin ich noch), aber ich werde für das nächste Jahr ordentlich trainieren. Nächstes Jahr will Sarah auch mit dem Fahrrad mitkommen.
also „Fortsetzung folgt …“

Link zum Veranstalter: 100meilen.de
Ergebnisse: 2015

15_100meilen_steve_k_ergebnisse

43. GutsMuths-Rennsteiglauf, 09.05.15

rennsteig1
Ein Laufbericht von Steve Klockow

72 Km voller Emotionen

Ich bin gestern in Thüringen den Rennsteig Supermarathon zum ersten Mal gelaufen. Eine wunderschöne Atmosphäre, mit viel Natur, aber auch vielen Teilnehmern und vor allem, vielen Höhenmetern.

Wir starteten Punkt 6 in Eisenach. Ich bemerkte, dass ich richtig gut drauf war und viel Energie in mir trug. Ich lief also recht schnell, aber trotzdem sehr besonnen.

Alles lief einfach phantastisch. Ich lief über 20 Km wie ein junger Gott und flog förmlich dahin.

Leider muss ich aber gestehen, dass ich nicht immer der vernünftigste Läufer bin und gern Dinge austeste, die mich oft in schwierige Situationen bringen.

Dieses Mal wollte ich unbedingt mit meinen neuen Five Fingers laufen. Sie haben keine richtige Sohle und dementsprechend auch keine Dämpfung. Und so merkte ich bei jedem Schritt, jeden spitzen Stein.

Ich habe nicht erwartet, dass es am Rennsteig auf den Pfaden so viele spitze Steine gäbe und so taten mir nach ca 20 Km so sehr die Füße weh, dass ich mir etwas überlegen musste.

Ich lief also jedes Mal, wenn ich die Möglichkeit hatte auf einer Grasnarbe, denn diese waren meist sehr weich und steinfrei. Oft ging es aber leider nicht und ich musste wieder auf den Wegen laufen.

Und so schleppte ich mich dahin, Schritt für Schritt. Wenn man weiß, dass man noch über 50 Km vor sich hat, denkt man nur noch Schritt für Schritt. Ich motivierte mich mit der Tatsache, dass jeder weitere Schritt einer in Richtung Ziel ist und ich hielt mir vor Augen, wie mir im Ziel die Medaille umgehangen wird. Das ist eine starke Motivation, wenn es mir nicht gut geht. Und so kämpfte ich mit mir.

Bei ca. 30 Km sah ich eine junge Frau, die sich schmerzverzehrt das Knie hielt. Ganz der Kavalier, fragte ich, ob alles in Ordnung wäre und sie sagte „nein, ich habe plötzlich starke Schmerzen im Knie“. Ich sagte ihr, dass wir ja ein Stück zusammen gehen können und dass der Schmerz auch so plötzlich verschwinden könne, wie er kam.

Wir liefen also zusammen und stellten uns einander vor. Anne lief ihren ersten Ultra und hatte sich ein großes Team aus zwei weiteren Läufern und vielen Betreuern mitgebracht, die sie alle anfeuerten. Als Neuling war sie die letzte der Truppe und nun mit mir unterwegs.

Ich war froh, dass ich einen Leidenspartner hatte, mit dem ich mich absprechen und gegenseitig motivieren konnte. Wir führten viele Gespräche und versuchten uns gegenseitig abzulenken. Aber die Schmerzen blieben trotzdem und so kämpften wir uns Schritt für Schritt in Richtung Ziel.

Wir hatten laufend die Zeit im Auge und merkten irgendwann, dass wir es nicht mehr schaffen würden, wenn wir so weiter machten.

Hinzu kam, dass die Strecke etwas mit der Länge verwirrte. Wir wussten nicht genau, ob es 72 oder mehr Km sind. Das ist natürlich kein Problem, wenn man noch genug Zeit hat, aber in unserem Fall war es tragisch, denn wir waren beide total fertig und quälten uns schon seit einigen Stunden.

Ich merkte, dass ich mit ihrer Geschwindigkeit nicht mehr mithalten konnte und sagte ihr, dass sie vorrennen solle. Als sie dann weg war, packte mich aber der Ehrgeiz und ich versuchte mich mental zu besinnen. Ich setzte mich, schloss die Augen, dehnte mich kurz und beschloss nun wie der Teufel zu rennen.

Ich fragte beim nächsten Verpflegungspunkt, wie weit es noch wäre. Die Dame sagte mir, es wären noch 9 Km in 1.13 Stunden. Ich wusste aber, dass ich nicht ordentlich auftreten konnte, weil mir bei jedem Schritt die Füße weh taten.

Jetzt wusste ich aber, es geht ums ganze.

Ich würde niemals in so einer Situation das Handtuch werfen. Wenn ich schon so leiden muss, will ich auch die Medaille dafür bekommen. Also rannte ich los und spürte meine Füße und meine muskulären Schmerzen. Mein Knie tat weh, meine Hüfte schmerzte und meine Füße bekamen jedes Mal einen starken stechenden Schmerz, wenn ich auf einen der vielen Steine trat.

Ich biss die Zähne zusammen und ballte meine Fäuste vor Schmerz, aber ich wusste, dass das alles bald vorbei wäre, wenn ich jetzt weiter machte. Jetzt musste ich kämpfen und alles geben, damit es nicht umsonst war. Ich überholte nun viele weitere Läufer und konnte auch Anne wieder einholen. Sie lief mit mir im selben Tempo und wir versuchten uns gegenseitig zu pushen.

Als wir dann das Tor sahen, viel uns beide eine große Last von den Schultern. Wir liefen etwas langsamer und entspannter hin und merkten auf einmal, dass es gar nicht das Ziel-Tor war sondern nur ein Tor, das zum Ziel führte. Die Dame am Tor sagte: „nur noch einen Kilometer, dann habt ihr es geschafft“.

Ihr könnt euch denken, wie es mir in diesem Moment ging.

Ich rannte also weiter mit Anne und wir rannten durch ein zweites Tor, bis wir dann endlich das Ziel-Tor entdeckten.

Ich war so voller Glückshormone, dass ich nochmal alles aus mir herausholte, um nicht durchs Ziel zu kriechen.

Endlich kam der lang ersehnte Moment und ich bekam meine Medaille, Anne und ich schlossen uns gegenseitig in die Arme und direkt darauf, legte ich mich auf die Wiese und wollte nur noch ausruhen. Ich konnte dann aber im Bus über eine Stunde schlafen, was mir sehr weiter half.

Trotz der vielen harten Umstände, konnten wir es schaffen. Wir haben nicht aufgegeben, obwohl wir beide stark gelitten haben. Aber das ganze Leiden hat sich gelohnt, denn nun haben wir beide eine Geschichte, die wir für ewig positiv erzählen können, anstatt allen zu erklären, warum wir es nicht schaffen konnten.

Veranstalter: Rennsteiglauf