XXXVII. Internationaler Usedom-Marathon, 03.09.16

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Ein Bericht von Robert Boyde-Wolke

Laufen auf Europas läng­ster Strandpromenade

Mit mein­er Frau habe ich schon seit Monat­en mal darüber unter­hal­ten, ob wir auf Insel Use­dom unseren Kurzurlaub machen wer­den im Anschluss mit ein­er Marathonteilnahme.
Das war möglich und die prob­lem­lose Anmel­dung im Inter­net beim 37. Use­dom-Marathon war schon im Juni dieses Jahres aus­ge­führt. Anfang Sep­tem­ber soll das som­mer­liche Kli­ma an der Ost­see rel­a­tiv noch zu ret­ten, vielle­icht mit ein paar Son­nen­stun­den, so hat­ten wir uns mehrmals gehofft? Der Reiz für mich war die vie­len Kilo­me­ter Laufweg direkt an der Ost­see sowie die malerische Ortschaften und traumhafte Land­schaften in der Küstennähe.

Schon am Fre­itagvor­mit­tag waren wir mit dem Auto in Zin­nowitz angekom­men, es ver­lief kein Stau auf der Auto­bahn. In Wol­gast hat­ten wir für 2 Über­nach­tun­gen mit Früh­stück beim schön gestal­teten Hos­tel „Pos­tel“ (ehe­mals Post­amt) gebucht. So hat­ten wir uns den hal­ben Tag mit dem Baden genutzt, etwas Sonne war noch da. Ich kon­nte endlich in diesem Jahr an der Ost­see baden teil­nehmen, das Wass­er war ein wenig kalt, egal – ich bin doch kein Weichei – das war mein Blitzgedanke!

Schon nach drei Stun­den bekam ich schnell leicht­en spür­baren roten Son­nen­brand am Gesicht, alle Achtung! Ein­cre­men bitte! Selb­st schuld, die mit­ge­brachte Son­nenöl war im Auto aufbewahrt.

Nach dem Eincheck­en im Hos­tel bzw. vor dem Aben­dessen in Wol­gast schnell die Star­tun­ter­la­gen abholen im Sport­casi­no am Peen­es­ta­dion. Die Abho­lab­wick­lung ver­lief schnell und prob­lem­los. Kurios war allerd­ings wenige Tage vor dem Start die E‑Mail vom Ver­anstal­ter, dass die finale Start­num­mer erst mit Abhol­ung der Star­tun­ter­la­gen vergeben würde. Der Nachteil war nur, dass man andere LäuferIn­nen vor dem Lauf nicht an der Start­num­mer iden­ti­fizieren konnte.
In ein­er Papiertüte wurde aus­gegeben: 2 Äpfel, 1 Capri Sonne, Anhänger mit der Start­num­mer für die Kennze­ich­nung der Klei­der­beu­tel, Pro­grammheft sowie ein Gutschein für Essen und 1 Getränk.

Pünk­tlich um 8:30 Uhr am Wet­tkampf­tag war die Abfahrt vorm Sta­dion mit einem der drei bere­it­gestell­ten Busse nach Swinemünde. Das ist der Star­tort für Marathon­läufer, bei dem HM begin­nt in Wol­gast mit der gle­ichen Startzeit. Über eine gute Fahrt­stunde dauerte es, da unter­wegs noch LäuferIn­nen zustiegen – das nenne ich das gute Ser­vice vom Veranstalter.

Ich hat­te ein gutes Gespräch mit einem älteren Marathon­läufer im Bus, der sich üppig früh­stück­te. Darüber staunte ich bis heute noch, wie er sich schaffte, fast über 1 Std vorm Start noch voll und satt gefrüh­stückt hat. Ich selb­st ist die Schmerz­gren­ze bei fast 3 Stun­den vorm Start. Selt­sam! Sein erster Marathon mit 62 Jahren, mein Respekt! Er war schon 3x dort und würde immer wieder gern wiederholen.

Er berichtete mir auch, dass früher bei der Anmel­dung die Num­mer von Ausweisen/Reisepässe angegeben wer­den musste wegen des Gren­züber­gangs. Heute ist das zum Glück nicht mehr der erforder­liche Fall.

Am Start hat­te ich noch ein wenig Zeit, mich schnell umzuziehen. Viele blick­ten mich komisch an, als ich das „Veg­an Runners“-Laufshirt anzog. Es war meine sta­bile Rou­tine und war auch etwas stolz darauf, ein wenig aufmerk­sam mit mein­er veg­a­nen Lebensweise bekan­ntzugeben. Dies­mal habe ich mir schlau machen lassen, etwas Son­nenöl einzu­cre­men. Vom let­zten Marathon­lauf in Müritz bekam ich starken Son­nen­brand, das war meine Lek­tion gewe­sen. Ein­mal und (hof­fentlich?) nie wieder….
An der Sporthalle stand der Bus für den Klei­der­trans­port nach Wol­gast. Pri­ma war auch vorm Start­be­ginn noch das Wasserange­bot vom Veranstalter.

Zufäl­lig war der bekan­nte Berlin­er Läufer mit seinem Vor­na­men „Hen­ry“, der sich sehr fein mit weißem Hut und Hand­schuhen verklei­det war, auch vor Ort, ihn hat­te ich let­zten Mal beim „2. Müritz Marathon“ gese­hen. Ein Foto mit ihm kommt in mein Laufarchiv.

Über 200 Marathon­teil­nehmer vor dem pünk­tlichen Start um 10:30 Uhr. Das Wet­ter war für mich schon opti­mal, etwas leichter Wind mit Son­nen­schein. Das laute Startsig­nal kam aus ein­er his­torischen Kanone mit 2 Kanon­ieren. Mal was anders!

Viel Beifall von den pol­nis­chen, aber auch vie­len besuch­sweise anwe­senden deutschen Zuschauern. Nach ein­er hal­ben Kilo­me­ter­länge die 180-Grad-Wende in die Rich­tung West­en zur pol­nisch-deutschen Grenze.

Schon nach ca. 2,5 km erre­ichte man die Gren­zlin­ie Polen und Deutsch­land, was nicht zu auf­fäl­lig war auf­grund des gle­ichen Aus­baus des Küstenweges.

Bis fast zum 10. Kilo­me­ter auf der wun­der­schö­nen Strand­prom­e­nade lief ich mit „Hen­ry“, der Gen­tle­men-Läufer gemein­sam im angenehmeren Marathon­tem­po. Bemerkenswert war für mich, dass er viel Anerken­nung und Bravour für seine auf­fäl­lige „Smoking“-Bekleidung von den Zuschauern erhal­ten hat­te. Das war einzi­gar­tig geiles Gefühl, neben ihm zu laufen und mitanse­hen durfte. Er feierte seinen 40. Marathon, fünf­fach mehr als meine derzeit­ige Teil­nahme. Applaus für ihn!

Die bekan­nte drei „Kaiser­bäder“ Ahlbeck, Her­ings­dorf und Bansin war für mich eine tolle Mis­chung mit der guten Stim­mung von den Zuschauern sowie die sehenswert restau­ri­erten prächti­gen Strandvillen, die vie­len aus Holz in weiß gestrichen – typ­isch Bäder­ar­chitek­tur — gewesen.

Am Ort­sende von Bansin ging es dann links von der Prom­e­nade weg recht steil bergan, um dann ca. 4km auf einem pro­fil­ierten schö­nen Wald­weg zu laufen. 

Es waren viele über­holte Rad­fahrer zu sehen, was mich aber nicht störte. Wir laufen ja fast auf dem bekan­nten „Use­dom-Rad­weg“.

Nach dem Wald­stück ging es par­al­lel zu einem Camp­ing­platz wieder auf geteert­er Strecke und kurzen teil­weise 16%igen Gefäll­streck­en nach Ückeritz. Es wurde immer härter mit den abwech­slungsre­ichen Bergsteigungen.
Zum Glück waren wir mehr im Wald und somit im Schat­ten­vorteil! Kaum Son­nen­blicke sowie die Ost­see waren zu sehen.

Vor­bei am Kölpin­er See war die Hal­bzeit für die gesamte Marathon­strecke. Nach der tollen Verpfle­gung beste­hend aus viel Obst (Mel­one, Orangen, Äpfeln und Bana­nen) sowie Getränke in die vie­len Trep­pen­stufen hoch wieder die her­rliche Wald­strecke nach Koserow.

Bish­er war bere­its die schöne 25 km nach der Verpfle­gung mit Hil­fe von Streck­en­posten, die mit Rad unter­wegs waren, gelaufen. Noch ein weit­eres let­ztes Wald­stück von ca. 2,5 km, dort wur­den vom Organ­isator die hochausste­hende Wurzeln mit Leucht­far­ben markiert, um ein Stolpern der Läufern zu vermeiden.

Bei 30 km war mit dem Wald­lauf damit vor­bei und musste nun bis zum 40 km par­al­lel zur B 111 auf einem Rad­weg bei starkem Gegen­wind! laufen. Das war bru­tal und kräfteberaubend!

Die einige let­zten Verpfle­gun­gen bei Zin­nowitz und kurz vor der Peene­brücke war ein Lauf in Begleitung mit dem bekan­nten „Mann mit dem Ham­mer“, in meinen Gedanken immer wieder: „aufgeben, Pause machen, durch­beißen usw.“ im Spiel.

Nun endlich das „blaue Wun­der von Wol­gast“ — die mod­erne Brücke, die Use­dom mit dem Fes­t­land verbindet, über­quert und dann um den Stadtk­ern zum Peenestadion.

Kurz vorm Ziel­lauf (500m) ein let­zter kurz­er Anstieg und eine halbe Sta­dion­runde zum stolzen Marathonziel mit ein­er Zielzeit von 4:16:22 Stun­den. Die Zielzeit störte mich schon lange nicht mehr, ich hat­te schon in der Zukun­ft immer vor, ich sei ein Marathon­tourist mit vie­len schö­nen Erlebnismomenten.

Ich war echt froh, dass ich doch mit diesem inter­es­san­ten Insel­lauf teilgenom­men zu haben, obwohl viele im Vor­feld mich Angst zure­de­ten, dass dieser Use­dom-Marathon sehr hart sein soll, aber im End­ef­fekt war es nicht so aus­ge­gan­gen. Ich denke, es ist ein MUSS für jeden Marathon­läufer, dort ein­mal mitzumachen.

Im Ziel bekam ich eine schöne Medaille sowie warme Verpfle­gung und Getränke. Für Veg­an­er ist die Essverpfle­gung lei­der nicht akzept­abel, daher aß ich nur die Nudeln pur. Es gab nur Fleis­chgerichte (Bolog­nese) und Erb­sen­suppe mit bekan­nten Speck­wür­feln – was soll´s?

Ohne Anste­hen holte ich die gut dargestellte Urkunde ab und ging mit ver­di­en­tem Stolz zum Hos­tel. Meine Frau war fast den ganzen Tag mit ihrer Fre­undin beim Tage­saus­flug auf Use­dom, wo ihr Ehe­mann auch beim Use­domer HM lief. Abends haben wir uns dann alle viert zusam­mengetrof­fen und viel Unter­hal­tungsstoff zu diesem Tage­spro­gramm mitgebracht.

Meine kurze Zusammenfassung:

Ein Marathon als deutsch-pol­nis­ches Natur­erleb­nis!. Für ein Start­geld von 28 EUR wurde die Marathon­ver­anstal­tung pro­fes­sionell und mit viel Erfahrung organisiert.
Die Verpfle­gung war läufer­g­erecht, die Lauf­strecke meist flach mit ein paar kleinen Stei­gun­gen und jed­er Kilo­me­ter ist sehr auf­fal­l­end markiert. Auf der Straße ohne Autoverkehr und auf den Rad­we­gen wurde meis­tens gelaufen. Anson­sten alles TOP mit ein super Preis-/Leis­tungsver­hält­nis. Es lohnt sich für alle, ein Kurzurlaub an der son­nig­sten Ecke Deutsch­lands näher kennenzulernen!

Aus der Web­seite von „Insel Use­dom“ passt der Spruch mit mein­er Teilnahme:
„Mehr Licht, Meer­luft, mehr Zeit“ – für mich auch beim Marathon auf Use­dom! ;o)

Par­al­lel wurde auch nicht nur Halb­marathon (295 Teil­nehmer), son­dern zum ersten Mal ein Staffel­marathon (20 Teil­nehmer) angeboten.

Es waren keine bekan­nte veg­ane LäuferIn­nen zu sehen, schade… vielle­icht klappt es beim näch­sten Mal mit ein paar….?

Robert Boyde-Wolke

Ver­anstal­ter: usedom-marathon.de

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